Moralprinzip

Moralprinzip
Mo|ral|prin|zip 〈n.; -s, -pi|en od. -e〉 sittlicher Grundsatz

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Moralprinzip,
 
Philosophie: oberster Grundsatz der Sittlichkeit, der leitendes Kriterium oder Norm zur Orientierung der subjektiven Grundsätze des Handelns (z. B. ehrlich zu leben) darstellt, die ihrerseits Bestimmungsgründe konkreten Urteilens, Entscheidens und Handelns sind. Die Definition des Moralprinzips ist mit der Frage nach der Möglichkeit der Letztbegründung eines Kriteriums, das in der Vielfalt möglichen sittlichen Handelns die klare Unterscheidung des sittlich Gebotenen vom Abzulehnenden bietet, eng verbunden; v. a. seit traditionelle Geltungen und metaphysische oder religiöse Bindungen ihre allgemeine Anerkennung verloren haben, hat die Frage nach dem Moralprinzip zu verschiedenen philosophischen Antworten geführt.
 
Der Utilitarismus (J. Bentham, J. S. Mill) beurteilt die Sittlichkeit einer Handlung danach, ob sie im Wesentlichen dem Wohlergehen aller verpflichtet ist, wobei die allgemeinen Bedürfnisse der Mitmenschen als Entscheidungskriterium jeglichem Selbstinteresse vorangestellt sind. I. Kant sieht als Moralprinzip den kategorischen Imperativ an. Das Moralprinzip, das in der Verallgemeinerbarkeit der subjektiven Handlungsgrundsätze besteht, soll nicht nach subjektiven Interessen oder unter objektiven Zwängen, sondern allein um seiner sittlichen Gültigkeit (Moralität) willen befolgt werden. Weitere Moralprinzipien sind die goldene Regel, die in volkstümlichen Ethiken, aber auch schon früh in China, Indien, dem Alten Testament und Neuen Testament vertreten wird, die Theorie der Gerechtigkeit als Fairness von J. Rawls, der Kontraktualismus, der das Moralprinzip auf die Regeln der Verlässlichkeit und Rücksichtnahme stützt, sowie die Diskurstheorien (K.-O. Apel, J. Habermas, P. Lorenzen), die das Befolgen bestimmter sittlicher Grundsätze als Voraussetzung jeglicher vernünftigen Verständigung zwischen Menschen definieren.

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Mo|ral|prin|zip, das: vgl. ↑Moralgesetz.

Universal-Lexikon. 2012.

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